„Mia san mia“ vs. „Echte Liebe“

Es geht mir heute um die Werbeslogans, die unmittelbar neben dem Produktnamen stehen oder mit ihm genannt werden, teilweise sogar mit dem Produktnamen zusammengewachsen sind. Berühmte Beispiele: „Ford – Die tun was“ oder „Nichts ist unmöglich – Toyota“. Letzteren kann manch einer sogar noch singen. Der Vater dieser Produktslogans und zugleich international berühmtester dürfte „Vorsprung durch Technik“ sein. Eine schöne Sammlung vor allem älterer Slogans gibt es hier.

Den unschlagbaren Vorteil dieser Werbesätze kann ich sofort nachvollziehen: Ich bringe ihn problemlos mit dem Produktnamen in Verbindung. Das gelingt mir generell bei Werbung oft nicht. Ich denke dann: „Hm, gute/nervende Werbung, aber wofür war die noch gleich?“ Oder wissen noch alle, wofür Marie ihr Spendierhöschen anzieht? Wofür Florian König und sein Alter Niki Lauda durch die Gegend fahren?

Fußballvereine legen sich diese Markenslogans nun also auch zu. Das „Mia san mia“ der Bayern scheint mir dabei schon etwas länger in der Welt zu sein als die “Echte Liebe” der Dortmunder. Ein Vergleich, den mit anderen Schwerpunkten in der letzten Woche auch schon der Verlag Werben und Verkaufen vorgenommen hat, fördert Interessantes zutage:

„Mia san mia“ ist eine Feststellung, „Echte Liebe“ eine Behauptung.

Sich hinstellen und sagen „Wir sind wir“ – kann man mal machen. Ist verifizierbar, aber auf den ersten Blick ohne großen Aussagewert. Seh ich doch, dass ihr ihr seid. Aber wann ist eine Liebe echt? Das ist keine Wissens- sondern eine Glaubensfrage. Objektiv nicht verifizierbar, obgleich wir glauben zu wissen, wann Liebe echt ist.

„Echte Liebe“ versucht, andere herabzusetzen.

Denn in ihr schwingt mit, dass woanders die Liebe nicht echt ist. Das ist, angesichts des Themas „Liebe“ sehr negativ wertend. Echte Liebe gibt’s nur in Dortmund, nicht auf Schalke und schon gar nicht bei den Bauern. „Mia san mia“ trifft auch eine Aussage über alle anderen, die ist aber wertfrei. Ihr seid nicht wir, wir sind ja wir. Richtig. Da kann man mit leben.

Die Slogans bedienen jeweils das gängige Vereinsklischee.

„Mia san mia“ ist ein Platzhalter für Selbstbewusstsein. Im Falle der Münchner für übersteigertes Selbstbewusstsein. Der vielfache Vorwurf an die Bayern, „arrogant“ zu sein, hat zwei Nährböden: Erstens das ungeschickte Auftreten der Verantwortlichen, teilweise seit Jahren. Zweitens die Tatsache, dass der Arroganzvorwurf für die Anti-Bayern-Fraktion ein willkommenes Ventil ist. „Alles gewonnen diese Saison? Mit großartigem Fußball? Egal, arrogant sindse trotzdem.“

„Echte Liebe“ hingegen stützt das Szenario vom Club mit Herz und Leidenschaft. So sind sie, die Menschen im Ruhrpott, offen, geradeaus, manchmal nicht leicht zu nehmen, aber immer echt. Und so ist auch der BVB. True love, true Fußball. Während ein oft zugeknöpfter und im Umgang mit den Medien ungeschickter Rotkopf Heynckes manche Tür verschließt, öffnet der geniale Medienstratege Klopp Tür und Tor für den “Arbeiterverein”. Man liebt die vermeintliche Echtheit Kloppos in den PKs, seine vermeintliche Liebe zum Projekt „BVB“ (Vorsicht, Jürgen, „Projekt“ ist eigentlich viel zu sachlich!). Vielleicht weiß Klopp aber einfach nur ganz genau, wie man sich und seine Späßchen inszeniert. Und betrieb dies lange so perfekt, das wir uns alle haben blenden lassen. Da war das Interview für den Guardian vor dem CL-Finale ein echter Weckruf. Klopp verkaufte hier die Marke BVB, den Herz- und Seele-Verein etwas zu blumig. „We are a club, not a company“, erklärte Klopp, Trainer der Borussia Dortmund Kommanditgesellschaft, der britischen Presse in dem Artikel, der mit dem Satz „Jürgen Klopp is proud to wear PUMA“ endet. Und macht sich lächerlich. Und muss sich gleichzeitig bemühen, dass wenigstens bei ihm im Hinblick auf Mario Götze aus Echter Liebe kein Echter Hass wird. Denn die Fans haben da wenig Probleme.

„Mia san mir“ ist ungeschickt, „Echte Liebe“ nicht immer aufrichtig.

Während die Bayern also mit ihrem Produktslogan alte Ressentiments untermauern, anstatt zu versuchen, diese aufzubrechen, webt man in Dortmund ein Bild, das sicher auf viele Fans zutreffen mag, dass aber im Hinblick auf das Auftreten und Agieren des Unternehmens Borussia fragwürdig ist. Wer den Fußball echt liebt, würde sicher eher bei den starken Konkurrenten Spieler wegkaufen und nicht bei Gladbach und Bremen.

Es grüßt ein Bayern-Fan ;o)

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2 Antworten zu „Mia san mia“ vs. „Echte Liebe“

  1. BOWMORE Darkest schreibt:

    Die erste Bundesligamannschaft nach dem Aufstieg aus der Regionalliga hatte mit Beckenbauer, Maier und Müller drei wichtige Startspieler. Daraus ist ein Weltklub erwachsen. Trotzdem haben die Bayern viel zu wenig aus ihren Möglichkeiten gemacht. Zu oft haben sie zweitklassige Spieler von Bundesligakonkurrenten abgeworben, anstatt sich um die wirklich erstklassigen Spieler zu bemühen.
    C.H.

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